Der C. S. Lewis Adventskalender – 18/24

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wann ich die Bedeutung der Tat Jesu nicht nur begriffen, sondern ebenso als Wahrheit anerkannt habe. Es war 2016 in Hildesheim. Meine Schwester feierte ihre standesamtliche Hochzeit und auf einem Spaziergang erzählte ihr Schwiegervater, wie er zum Glauben gekommen war. Ich muss gestehen, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann, was er damals gesagt hat, doch ich weiß, dass ich irgendwann an einer Ampel stand und es mir wie Schuppen von den Augen fiel: Jesus lebt! Er starb für mich und versöhnte mich dadurch mit Gott! Und nun lebt er wieder! Es war kein sichtbar emotionales Erlebnis, sondern ein tiefer Frieden, der mich überkam. Mir kamen keine Tränen und ich wurde auch nicht von irgendetwas Übernatürlichem zu Boden gerissen. Man könnte eher sagen, dass mir einfach im Innern ein Licht aufging: All die Dinge, die mir in den letzten Jahren über Jesus in der Gemeinde erzählt wurden, sind wahr. Sie sind nicht das Produkt irgendwelcher Fantasiegeschichten. Jesus schien mir einfach ganz nüchtern zu sagen: Es stimmt, was du über mich sowieso schon weißt!

Es gab Zeiten, in denen ich mich stark gefragt habe, ob es normal sei, dass dieser Moment der endgültigen Annahme Jesu in meinem Leben eben kein emotional aufgeladenes Geschehen war. Diese Frage kam immer dann wieder auf, wenn ein anderer Christ von seiner spektakulären Bekehrungsgeschichte berichtete und das war nicht selten der Fall. Ich fühlte mich in solchen Situationen fast schon schlecht, weil meine eigene „Bekehrung“ im Vergleich dazu immer eher wie eine trockene Zustimmung wirkte. Als ich dann knapp vier Jahre später die Glaubensgeschichte von C. S. Lewis las und endlich an dem Punkt gelangte, wo er Christ wurde, musste ich ironischerweise fast weinen.

„Ich weiß noch sehr gut, wann, aber kaum wie ich den letzten Schritt tat. Eines sonnigen Morgens wurde ich nach Whipsnade gefahren. Als wir aufbrachen, glaubte ich nicht, daß Jesus Christus der Sohn Gottes sei, und als wir den Zoo erreichten, glaubte ich es. Dabei hatte ich die Fahrt eigentlich nicht mit Denken zugebracht. Auch nicht in starken Emotionen. ‚Emotional‘ ist vielleicht das Wort, mit dem man manche der wichtigsten Ereignisse am wenigsten beschreiben kann. Es war eher so, wie wenn ein Mensch nach langem Schlaf immer noch bewegungslos im Bett liegt und sich bewußt wird, daß er nun wach ist.

Und es war […] zweideutig. Freiheit oder Notwendigkeit? Oder unterscheiden sich die beiden überhaupt noch, wenn sie ihr Höchstmaß erreichen? Auf diesem Höchstmaß ist ein Mensch das, was er tut; es ist nichts von ihm über die Tat hinaus oder außerhalb der Tat übrig.

Was das betrifft, was wir gemeinhin Wille nennen, und das, was wir gemeinhin Emotion nennen, so scheint mir, daß diese beiden normalerweise zu laut reden und zuviel protestieren, um ganz glaubwürdig zu sein, und man hat den heimlichen Verdacht, daß die große Leidenschaft und die eiserne Entschlossenheit teilweise nur aufgesetzt sind.“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Überrascht von Freude. Brunnen: Gießen, 2007. S. 283f.