Der C. S. Lewis Adventskalender – 16/24

„[Manche] hoffen, durch ihr Gutsein Gott zu gefallen, falls es ihn gibt; oder – wenn sie meinen, es gebe keinen Gott – so möchten sie zumindest bei den anderen guten Menschen Anerkennung finden. Der Christ dagegen glaubt, daß alles Gute, das er tut, aus dem Leben Christi in seinem Innern herrührt. Er glaubt nicht, daß Gott uns lieben will, weil wir so gut sind, sondern das Gott uns gut machen will, weil er uns liebt. So, wie das Dach eines Treibhauses nicht die Sonnenstrahlen anzieht, weil es glitzert, sondern es glitzert, weil die Sonne darauf scheint.

Um es ganz deutlich zu machen, wenn Christen sagen, das Leben Christi sei in ihnen, dann meinen sie nicht nur etwas Geistiges oder Moralisches. Wenn sie davon reden, sie seien ‚in Christus‘ oder Christus sei ‚in ihnen‘, dann ist das keine bloße Redensart. Sie meinen, daß Christus tatsächlich durch sie wirkt; daß die Christen in ihrer Gesamtheit der Organismus sind, durch den Christus arbeitet – seine Finger und Muskeln, die Zellen seines Leibes.“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Pardon, ich bin Christ: Meine Argumente für den Glauben. Brunnen: Gießen, 201221. S. 67.

Der C. S. Lewis Adventskalender – 15/24

Lewis war viele Jahre lang Atheist. Rückblickend bezeichnet er den Atheismus allerdings als „zu einfach“.

„Mein Argument gegen die Existenz Gottes lautete, die Welt sei grausam und ungerecht. Woher aber hatte ich meine Vorstellung von gerecht und ungerecht? Man kann eine Linie erst dann als krumm bezeichnen, wenn man weiß, was gerade Linien sind. Womit verglich ich diese Welt, wenn ich sie ungerecht nannte? Wieso konnte ich, der ich doch Mitakteuer war, so heftig reagieren, wenn das ganze Theater, was wir Welt nennen, ohnehin von A bis Z schlecht und sinnlos war? Ein Mensch fühlt sich naß, wenn er ins Wasser fällt, weil er kein Meerestier ist; ein Fisch empfindet anders.

Natürlich hätte ich sagen können, meine Vorstellung von Gerechtigkeit sei lediglich meine eigene, private Idee, aber damit hätte ich sie praktisch aufgegeben. Dann wäre auch mein Argument gegen Gott in sich zusammengefallen, denn es beruhte ja darauf, daß die Welt tatsächlich ungerecht ist, und nicht nur darauf, daß sie nicht meinen Vorstellungen entspricht. Gerade als ich dabei war zu beweisen, daß es Gott nicht gibt – mit anderen Worten, daß die Welt von Grund auf sinnlos ist-, sah ich mich gezwungen, einen Teil der Wirklichkeit – nämlich meine Vorstellung von Gerechtigkeit – als sehr sinnvoll gelten zu lassen.

Damit aber erweist sich der Atheismus als zu einfach. Denn wenn die ganze Welt tatsächlich ohne Sinn wäre, dann hätten wir selbst gar keine Möglichkeit, dies zu begreifen. Gäbe es kein Licht in dieser Welt und darum auch keine Lebewesen mit Augen, um das Licht zu sehen, wir würden niemals wissen, daß es dunkel ist. Dunkel wäre ein Wort ohne Bedeutung.“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Pardon, ich bin Christ: Meine Argumente für den Glauben. Brunnen: Gießen, 201221. S. 46.

Der C. S. Lewis Adventskalender – 14/24

Besonnenheit! Lewis versteht darunter „nicht Enthaltsamkeit, sondern das Wissen um Maß und Grenze in allen Dingen“. Diese so verstandene Besonnenheit wünscht er sich als Erkennungsmerkmal eines jeden Christen. Leider sind wir sehr oft eher wie die Pharisäer und verbieten oder verteufeln sogar vorschnell alle möglichen Dinge des alltäglichen Lebens. Wir binden uns Gesetze und Verbote auf, die es gar nicht braucht. Dabei geht es an manchen Stellen eben eher um Besonnenheit: Dem „Wissen um Maß und Grenze“.

„Der Christ mag es aus bestimmten Gründen für angebracht halten, auf alles mögliche zu verzichten – die Ehe, den Genuß von Fleisch, von Bier oder auf den Kinobesuch. Aber in dem Moment, wo er behauptet, diese Dinge seien an sich schlecht, oder wo er auf andere herabsieht, die sie genießen, ist er auf dem falschen Weg.“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Pardon, ich bin Christ: Meine Argumente für den Glauben. Brunnen: Gießen, 201221. S. 78.

Der C. S. Lewis Adventskalender – 13/24

Warum sollte man Gott gehorchen? Wieso sollte man versuchen, nach Gottes Geboten zu leben? Der christliche Glaube macht uns klar, dass es nicht darum geht, dass uns das Befolgen der Gebote irgendwie in den Himmel bringen würde. Nein! Gerettet werden wir nicht durch Taten, sondern allein aus Gnade durch den Glauben. Nicht aus uns selbst heraus, sondern weil Gott es uns schenkt (Epheser 2,8f.). Also: Weshalb ist es sinnvoll, Gott zu gehorchen? Lewis beantwortet diese Frage auf diese Weise:

„Ich war in dem Glauben erzogen worden, daß das Gute nur dann gut sei, wenn es uneigennützig geschehe, und daß jede Hoffnung auf Lohn oder Angst auf Bestrafung den Willen verfälsche. […] Es galt, Gott zu gehorchen, einfach weil er Gott war. Schon vor langer Zeit hatte er [= Gott] mich durch die Götter von Asgard und später durch den Gedanken des Absoluten gelehrt, wie man etwas nicht wegen der Dinge verehrt, die es an uns tun kann, sondern auf Grund dessen, was es in sich selbst ist. Darum war es für mich zwar erschreckend, aber nicht überraschend, zu erfahren, daß man Gott auf Grund dessen gehorchen mußte, was er in sich selbst ist. Wenn Sie fragen, warum wir Gott gehorchen sollten, dann lautet letzten Endes die Antwort: ‚Ich bin.‘

Gott zu kennen bedeutet zu wissen, daß ihm unser Gehorsam gebührt. In seinem Wesen ist seine Souveränität de jure [von Rechts wegen] offenbart.“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Überrascht von Freude. Brunnen: Gießen, 2007. S. 276f. Um falschen Schlussfolgerungen vorzubeugen: Ebd. S. 96 verdeutlich Lewis, dass er nie an die nordischen Götter geglaubt hat.

Der C. S. Lewis Adventskalender – 12/24

Lewis gilt als einer der größten Apologeten [Glaubensverteidiger] des 20. Jh. Er war stets darum bemüht, anderen Menschen das Christentum verständlich zu machen und er zeigte mit seinen Werken, dass ein Mensch nicht seinen Verstand abschalten muss, um Christ zu werden (eher im Gegenteil). Doch weil anscheinend genau das fortwährend eine verbreitete These ist, lohnt es sich, Lewis heute noch zu lesen.

„Ich bin gebeten worden zu erklären, was die Christen glauben, und ich will mit dem Hinweis beginnen, daß sie eines nicht zu glauben brauchen. Als Christ braucht man nicht zu glauben, alle anderen Religionen seien durch und durch falsch. Ein Atheist muß davon ausgehen, daß alle Religionen dieser Welt in ihrem Kern ein einziger großer Irrtum sind. Dem Christen steht es frei zu glauben, daß selbst die abstrusesten Religionen zumindest ein Körnchen Wahrheit enthalten. Solange ich Atheist war, mußte ich mir immer einreden, der größte Teil der Menschheit habe sich in der für ihn wichtigsten Frage ständig im Irrtum befunden. Doch als ich Christ wurde, konnte ich die Dinge großzügiger betrachten.

Allerdings wird der Christ in den Punkten, in denen das Christentum sich von den anderen Religionen unterscheidet, natürlich die christliche Auffassung für richtig halten. Es gibt hier wie in der Mathematik nur eine richtige Antwort auf eine Frage; alle anderen Antworten sind falsch. Aber wie in der Mathematik können auch hier manche verkehrten Antworten näher am richtigen Ergebnis liegen als andere, die vielleicht schon vom Ansatz her verkehrt sind.“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Pardon, ich bin Christ: Meine Argumente für den Glauben. Brunnen: Gießen, 201221. S. 43.

Der C. S. Lewis Adventskalender – 11/24

Gestern habe ich erwähnt, dass sich viele Werke Lewis‘ um die Frage des rechten Verhaltens drehen. Er war sich bewusst, dass er selbst dabei den Ansprüchen nicht immer gerecht wurde und dass er keineswegs besser war als andere Menschen. Er wusste um seine Fehler und mich beindruckt nach wie vor, wie er damit umgegangen ist. In seiner Autobiografie schreibt er:

„Hier ist ein Bursche, … der sich uns [Lesenden] immer als moralischer und religiöser Schriftsteller präsentiert hat; und nun schreibt er [Lewis] doch glatt ein ganzes Kapitel, in der er seine alte Schule als eine regelrechte Schmiede unreiner Liebschaften [Päderastie] schildert, ohne auch nur ein einziges Wort über die Abscheulichkeit dieser Sünde zu verlieren! … [Der eine Grund dafür] ist, daß die fragliche Sünde, wie ich schon sagte, eine der beiden ist (die andere ist das Glücksspiel), die zu begehen ich mich nie in Versuchung fühlte. Ich werde mich nicht in fruchtlosen Tiraden gegen Feinde ergehen, denen ich nie im Kampf begegnet bin. (‚Soll das heißen, das Sie [Lewis] all die anderen Laster, über die Sie so ausführlich geschrieben haben …‘ Nun, freilich, das soll es heißen, leider; aber das tut im Moment nichts zur Sache.)“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Überrascht von Freude. Brunnen: Gießen, 2007. S. 125.

Der C. S. Lewis Adventskalender – 10/24

Oft hat sich Lewis mit der Frage beschäftigt, wie man sich als Christ in diversen Situationen wirklich verhalten sollte. Manchmal sind Antworten auf diese Frage nicht so einfach zu finden. Dennoch lohnt es sich, immer wieder neu darüber nachzudenken.

„Wir bekommen üble Geschichten zu hören, die so erzählt werden, als wären sie lustig: nicht nur freizügige Geschichten, sondern (aus meiner Sicht viel ernster und weniger auffällig) Geschichten, die der Erzähler gar nicht erzählen könnte, ohne dabei gegenüber irgendjemanden einen Vertrauensbruch zu begehen. Wir bekommen üble Nachrede über Abwesende zu hören, oft getarnt als Mitleid oder Humor. Über Dinge, die uns heilig sind, wird gespottet. Grausamkeit wird auf verstohlene Weise gutgeheißen […]

Wie soll man sich verhalten? Einerseits gibt es ganz sicher ein bestimmtes Maß an widerspruchsloser Teilnahme an solchem Gerede, das sehr verwerflich ist. Wir stärken damit die Hand des Feindes. Wir verleiten ihn zu dem Glauben, ‚diese Christen‘ dächten und fühlten, wenn man erst einmal ihre Abwehr unterlaufen hat und mit ihnen an einem gut gedeckten Tisch sitzt, genauso wie er. Damit verleugnen wir unseren Herrn und verhalten uns so, als kennten wir ‚den Menschen nicht‘. Soll man aber andererseits immerzu deutlich machen, dass man wie Königin Victoria ‚nicht amüsiert‘ ist? Soll man den Streit suchen und den Gesprächsfluss nach jedem zweiten Satz mit ‚Ich sehe das anders, ich sehe das anders, ich sehe das anders‘ unterbrechen? Oder einfach aufstehen und weggehen? Doch durch solches Verhalten würden wir womöglich manche ihrer schlimmsten Vorurteile gegen ‚diese Christen‘ bestätigen. Wir benehmen uns genauso unflätig dünkelhaft, wie sie es immer behauptet haben.

Schweigen ist eine gute Zuflucht. Es fällt den Leuten viel weniger leicht auf, als wir oft annehmen. Und was noch besser ist: Nur wenige von uns haben Freude daran, wie es vielleicht bei energischeren Methoden eine Gefahr wäre. Man kann Widerspruch, glaube ich, manchmal auch ohne den Anschein der Dünkelhaftigkeit äußern, wenn man ihn in Argumente kleidet statt in diktatorische Edikte. Oft kommt dann sogar Unterstützung von jemandem aus dem Kreis, von dem man es am wenigsten erwartet hätte, oder gar von mehreren Seiten, bis sich herausstellt, dass die schweigenden Abweichler tatsächlich in der Mehrheit waren. Eine wirklich interessante Diskussion kann sich anschließen. Freilich könnte es sein, dass die richtige Seite dabei unterliegt. Doch das spielt eine viel geringere Rolle, als ich immer gedacht habe. Gerade bei dem Mann, der einen in der Debatte übertrumpft hat, wird sich vielleicht nach Jahren herausstellen, dass er durch das, was man gesagt hat, beeinflusst wurde.“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Das Gespräch mit Gott: Beten mit den Psalmen. Brunnen: Gießen, 20193. S. 83f.

Der C. S. Lewis Adventskalender – 9/24

Die Bibel ist in all ihren Aussagen verständlich und eindeutig! Sie ist klar und deutlich!

Wenn es nur so wäre… Dann bräuchte es vermutlich keine Theologen mehr und all die vielen Konfessionen würden sich in Luft auflösen und wieder zu einer einzigen Kirche zusammenwachsen. Wie schön das doch wäre!

Die Realität sieht anders aus. Immer wieder kommen Christen mit gegensätzlichen Aussagen und begründen diese womit? Mit der Bibel! Allein dieser Umstand sollte verdeutlichen, dass manche Passagen der Bibel eben nicht so eindeutig und klar sind. Sie ist es wohl in ihren Kernaussagen, die alle Christen miteinander verbindet (u.a. der Bedeutung des Todes und der Auferstehung Jesu), jedoch nicht in jeder einzelnen Frage, die Menschen so umtreibt. Sicherlich handelt es sich dabei oft um eher zweitrangige Themen, aber das ändert ja nichts an der Feststellung, dass die Bibel ab und zu uneindeutig bzw. auf verschiedene Art und Weise auslegbar ist. Dabei bleibt am Ende Gott derjenige, der sich der rechten Auslegung bewusst ist und darüber urteilen darf!

Auch Lewis war sich der Vielfalt an unterschiedlichen Bibelauslegungen und Bibelverständnissen bewusst, eben weil manche Aussagen für uns heutzutage nicht mehr so einfach zu verstehen sind. Einen möglichen Grund dafür bringt Lewis auf eine Weise zum Ausdruck, die mich immer wieder neu zum Schmunzeln bringt:

„Ich bin bestimmt nicht der einzige Leser, der sich je gefragt hat, warum Gott, der ihm [Paulus] doch so viele Gaben verliehen hat, ihm ausgerechnet die vorenthalten hat, die wir für den ersten christlichen Theologen für unverzichtbar gehalten hätten, nämlich die Gabe der Klarheit und der geordneten Darlegung.“

Dazu noch ein zweites Zitat, über das man einmal nachdenken kann. Im Kontext ging es Lewis dabei v.a. um gewisse allegorische Auslegungen diverser Bibelpassagen:

„Das, was wir sehen, wenn wir meinen, wir blickten in die Tiefen der Heiligen Schrift, ist vielleicht manchmal nur das Spiegelbild unserer eigenen dummen Gesichter.“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Das Gespräch mit Gott: Beten mit den Psalmen. Brunnen: Gießen, 20193. Erstes Zitat: S. 125. Zweites Zitat: S. 133.