Der C. S. Lewis Adventskalender – 10/24

Oft hat sich Lewis mit der Frage beschäftigt, wie man sich als Christ in diversen Situationen wirklich verhalten sollte. Manchmal sind Antworten auf diese Frage nicht so einfach zu finden. Dennoch lohnt es sich, immer wieder neu darüber nachzudenken.

„Wir bekommen üble Geschichten zu hören, die so erzählt werden, als wären sie lustig: nicht nur freizügige Geschichten, sondern (aus meiner Sicht viel ernster und weniger auffällig) Geschichten, die der Erzähler gar nicht erzählen könnte, ohne dabei gegenüber irgendjemanden einen Vertrauensbruch zu begehen. Wir bekommen üble Nachrede über Abwesende zu hören, oft getarnt als Mitleid oder Humor. Über Dinge, die uns heilig sind, wird gespottet. Grausamkeit wird auf verstohlene Weise gutgeheißen […]

Wie soll man sich verhalten? Einerseits gibt es ganz sicher ein bestimmtes Maß an widerspruchsloser Teilnahme an solchem Gerede, das sehr verwerflich ist. Wir stärken damit die Hand des Feindes. Wir verleiten ihn zu dem Glauben, ‚diese Christen‘ dächten und fühlten, wenn man erst einmal ihre Abwehr unterlaufen hat und mit ihnen an einem gut gedeckten Tisch sitzt, genauso wie er. Damit verleugnen wir unseren Herrn und verhalten uns so, als kennten wir ‚den Menschen nicht‘. Soll man aber andererseits immerzu deutlich machen, dass man wie Königin Victoria ‚nicht amüsiert‘ ist? Soll man den Streit suchen und den Gesprächsfluss nach jedem zweiten Satz mit ‚Ich sehe das anders, ich sehe das anders, ich sehe das anders‘ unterbrechen? Oder einfach aufstehen und weggehen? Doch durch solches Verhalten würden wir womöglich manche ihrer schlimmsten Vorurteile gegen ‚diese Christen‘ bestätigen. Wir benehmen uns genauso unflätig dünkelhaft, wie sie es immer behauptet haben.

Schweigen ist eine gute Zuflucht. Es fällt den Leuten viel weniger leicht auf, als wir oft annehmen. Und was noch besser ist: Nur wenige von uns haben Freude daran, wie es vielleicht bei energischeren Methoden eine Gefahr wäre. Man kann Widerspruch, glaube ich, manchmal auch ohne den Anschein der Dünkelhaftigkeit äußern, wenn man ihn in Argumente kleidet statt in diktatorische Edikte. Oft kommt dann sogar Unterstützung von jemandem aus dem Kreis, von dem man es am wenigsten erwartet hätte, oder gar von mehreren Seiten, bis sich herausstellt, dass die schweigenden Abweichler tatsächlich in der Mehrheit waren. Eine wirklich interessante Diskussion kann sich anschließen. Freilich könnte es sein, dass die richtige Seite dabei unterliegt. Doch das spielt eine viel geringere Rolle, als ich immer gedacht habe. Gerade bei dem Mann, der einen in der Debatte übertrumpft hat, wird sich vielleicht nach Jahren herausstellen, dass er durch das, was man gesagt hat, beeinflusst wurde.“[1]


[1] Clive Staples Lewis. Das Gespräch mit Gott: Beten mit den Psalmen. Brunnen: Gießen, 20193. S. 83f.

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